Ein gut erhaltener Mauerring umgibt die weitläufige Anlage mit Haupt- und Nebengebäuden, früher war dieser von einem Klostergraben umgeben. Zwei Wehrtürme sind heute noch erhalten. Der im Obergeschoss mit Fachwerk geschmückte Faustturm entstand Ende des 16. Jahrhunderts nach der Auflösung des Klosters. In diesem Turm soll der 1516 von Abt Entenfuß zur Herstellung von Gold gerufene Alchemist Doktor Johannes Faust als Gast gewohnt haben. Der Zierfachwerkaufsatz wurde erst 1604 im Zuge der Benutzung als herzoglicher Lustturm errichtet.
Betritt man die Abtei durch das stattliche Klostertor, passiert man zunächst die ehemalige Zelle des Pförtners sowie die Apotheke, die einst die Klosterherberge war und gelangt in den großzügigen Klosterhof.
Klosterhof |
In der ehemaligen Klosterküferei ist heute die Information und Kasse untergebracht. Für die Besichtigung der Klosteranlage kann man sich eine Audioführung ausleihen, was wir sehr empfehlen können.
Der Klosterhof diente dem Zisterzienserkloster als Wirtschaftshof. Hier stehen die Werkstätten und Betriebe, die für den Unterhalt des Klosters durch die Arbeit der Laienbrüder (Konversen) notwendig waren.
Der ehemalige Marstall, in schöner Renaissance-Bau in dem einst Pferdeställe und die Wagenremisse des Schlosses untergebracht war, ist heute das Rathaus Maulbronns. Der Klosterhof wird vom acht geschossigen Klosterspeicher mit großem Satteldach, den so genannten Fruchtkasten, überragt, der heute als Stadthalle dient.
Auffällig ist die Vielfältigkeit der Baustile. In der Klosteranlage findet man alle Stilrichtungen und Entwicklungsstufen von der Romanik bis zur Spätgotik.
Durch die Vorhalle der Klosterkirche, das so genannte Paradies, betritt man die Klausur. Die Bezeichnung wird von der Sitte abgeleitet, dass der Vorraum der Kirche mit der Geschichte des Sündenfalls ausgemalt wurde. Die letzte Bemalung dieses Paradieses stammt aus dem Jahr 1522, ist aber bis auf geringe Reste abgefallen. In der Vorhalle ist die Übergangszeit von der Romanik zur Gotik gut nachzuvollziehen. Hohe, lichte Fenster und weite Gewölbe sind bereits deutlich gotisch, wohingegen noch keine Spitzbögen, sondern romanische Rundbögen die Fenster zieren. Teilweise werden auch Spitz- und Rundbögen miteinander arrangiert.
Klausur |
Der innerste Bereich des Klosters war die Klausur, die von den Laienmönchen allerdings nur insoweit betreten werden durfte, als hier ihre Schlaf- und Speiseräume lagen. Mittelpunkt der Klausur ist der großzügige Kreuzgang, über den man sämtliche angrenzenden Gebäude erreicht.
Dem Kreuzgang weiter folgend erreichen wir den Kapitelsaal. Hier wurde in täglicher Versammlung allen Mönchen Kapitel aus der Ordensregel vorgelesen und eingeschärft. Diesem Zweck entsprechend war der Saal an allen vier Seiten mit Steinbänken versehen.
Grundsätzlich galt im Kloster das Schweigegebot. Es gab jedoch einen Saal im Kloster, das Parlatorium, wo die Mönche untereinander und mit den Oberen des Ordens die nötigsten Worte wechseln durften.
Angesichts der winterlichen Temperaturen können wir nachempfinden, was es bedeutet, dass das Kloster nicht geheizt wurde. Es gab lediglich eine Wärmestube in der sich die Mönche im Winter eine Stunde aufwärmen durften. Beheizt wurde diese vom darunter befindlichen so genannten Calefactorium, ein backofenartiges Gewölbe in dem ein Feuer gemacht wurde. Abgesehen von der Klosterküche war dies der einzige heizbare Raum im ganzen Kloster.
Brunnenhaus im Kreuzgangsgarten
Wir betreten den Kreuzgangsgarten. Sehr schön ist das Brunnenhaus mit seinen fünf großen Masswerkfenstern. Der große Brunnen mit seinen drei riesigen Brunnenschalen diente den Mönchen zur Waschung.Oberhalb des Kreuzgangsgewölbes sieht man die Fenster der der ehemaligen Evangelische Klosterschule. 1807 wurde diese in ein bis heute bestehendes evangelisch-theologisches Seminar umgewandelt.
Berühmte Schüler waren unter anderem Friedrich Kepler, Friedrich Hölderlin sowie Hermann Hesse, der in seinem Werk "Unterm Rad" seine Eindrücke verarbeitete. Hier ein kleiner Auszug daraus:
"Im Nordwesten des Landes liegt zwischen waldigen Hügeln und kleinen stillen Seen das große Zisterzienserkloster Maulbronn. Weitläufig, fest und wohl erhalten stehen die schönen alten Bauten und wären ein verlockender Wohnsitz, denn sie sind prächtig, von innen und außen, und sie sind in den Jahrhunderten mit ihrer ruhig schönen, grünen Umgebung edel und innig zusammengewachsen. Wer das Kloster besuchen will, tritt durch ein malerisches, die hohe Mauer öffnendes Tor auf einen weiten und sehr stillen Platz. Ein Brunnen läuft dort, und es stehen alte ernste Bäume da und zu beiden Seiten alte steinerne und feste Häuser und im Hintergrunde die Stirnseite der Hauptkirche mit einer spätromanischen Vorhalle, Paradies genannt, von einer graziösen, entzückenden Schönheit ohnegleichen." |
Auch zur Klosteranlage gibt es eine Legende. So beluden Mönche auf der Suche nach einem geeigneten Standort ein Maultier mit einem Geldsack. An jenem Platz, an dem heute der Eselsbrunnen steht, blieb das Maultier stehen und stillte an einer Quelle seinen Durst. Die Mönche sahen darin ein Zeichen des Himmels und beschlossen, an dieser Stelle ihr Kloster zu errichten. An die Legende erinnern bis heute sowohl der Name und das Wappen von Maulbronn als auch die Darstellung eines trinkenden Maultiers im Gewölbe der Brunnenkapelle.
Selbst die Erfindung der Maultasche wird den Maulbronner Mönchen zugeschrieben. Es heißt, dass gewitzte Ordensbrüder des Klosters Maulbronn das Verbot, Freitags und in der Fastenzeit Fleisch zu essen, umgingen, indem sie das Fleisch klein hackten und mit anderen Zutaten in Teigtaschen versteckten, damit es der Herrgott vom Himmel nicht sehen könnte. Der "liebe Gott" soll dabei augenzwinkernd zugesehen haben. Im Volksmund heißt die Maultasche deshalb auch "Herrgottsbscheißerle".
Damit beenden wir unseren Rundgang. Wer neugierig geworden ist, sollte einmal auf die Webseite www.maulbronn.de klicken und sich den virtuellen Klosterrundgang ansehen.
Anschließend fahren wir nach Vaihingen an der Enz
Letzte Aktualisierung: Februar 2007 - © Anke Schlingemann und Detlef Hälker
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Hermann Hesse war eine zeitlang Schüler in der ehemaligen Evangelische Klosterschule. Seine Eindrücke verarbeitete er in dem Werk "Unterm Rad". |