Samstag 13.05.2006 Quedlinburg - Gernrode
Auf dem Sandsteinfelsen des Schlossbergs in Quedlinburg trohnt die alte Stiftsburg, die vom ersten deutschen König Heinrich I. (936 gestorben) errichtet wurde.Dominiert wird die Burganlage von der später errichteten Stiftskirche St. Servatius (12. Jh.)**.Der ursprünglich rein romanische dreischiffige Bau - sie zählt zu den bedeutendsten hochromanischen Bauten - erhielt bei späteren Umbauarbeiten (z.B. des Chors) gotische Elemente. Von der farbigen Ausgestaltung des Innenraums ist kaum noch etwas vorhanden. Leider ist die Krypta** wegen Restaurierungsarbeiten zur Zeit nicht zugänglich. Neben Gewölbemalereien ist hier die Grablegung des ersten deutschen Königspaares Heinrichs I. und Mathilde zu besichtigen.
Bemerkenswert ist der Domschatz, der erst vor einigen Jahren wieder komplettiert werden konnte. Während der amerikanischen Besetzung im Jahre 1945 wurden von einem amerikanischen Soldaten 14 Teile entwendet und per Feldpost nach Texas gesandt. Als dessen Erben vor einigen Jahren den Verkauf anstrebten, konnte der Kunstraub nach 40 Jahren aufgeklärt werden. Es bedurfte jedoch eines langen und 6 Mio. Euro teuren Rechtsstreits, um das Diebesgut zurück zu erhalten. Zwei Stücke fehlen leider immer noch.
Den größten Mißbrauch erlebte die Stiftsk irche 1936, genau 1000 Jahre nach dem Tod Heinrich I. Unter der Führung von Himmler nahm die SS ihren Einzug und entweihte den Kirchenbau. Heinrich der I. wurde zum Ahnherrn der Nazis ernannt und durch die SS erneut beigesetzt. Die durch die SS durchgeführten Umbauarbeiten wurden bei späteren Renovierungsarbeiten wieder rückgängig gemacht.
Die beiden Weltkriege überstand Quedlinburg ohne großen materiellen Schaden, wurde jedoch ab 1945 von der Roten Armee besetzt.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass der bedeutende deutsche Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724) in Quedlinburg zur Welt kam. Ihm zu Ehren wurde sein Geburtshaus, das sich auf dem Schlossberg befindet, bereits 1899 zum Museum umgebaut. Zeit zur Besichtigung hatten wir leider nicht.
Ganz in der Nähe befindet sich die Lyonel-Feininger-Galerie. Von 1919 bis 1933 wirkte der amerikanische Künstler als Lehrer am Bauhaus in Weimar und Dessau. Als seine Bilder von den Nationalsozialisten zur entarteten Kunst deklariert wurden, kehrte er 1937 in die USA zurück. Einem seiner Schüler gelang es, 50 Ölbilder und viele Grafiken vor der Vernichtung zu retten, indem er sie in seiner Quedlinburger Wohnung versteckte. Erst als die Feiningers Erben die Herausgabe der Bilder verlangte, wurde dies offiziell publik. Es wurde ein Vergleich geschlossen. Zwar gingen viele Ölbilder zur Versteigerung in die USA, die Grafiken durfte der „Retter“ jedoch behalten und die Stadt errichtete die Lyonel-Feininger-Galerie. Auch diese Galerie wartet beim nächsten Besuch noch auf unsere Besichtigung.
Am Fuße des Schlossbergs schlängeln sich die von hübschen Fachwerkhäusern gesäumten Gassen. Über 1.300 Fachwerkbauten aus sechs Jahrhunderten sind noch gut erhalten, wovon 770 unter Denkmalschutz stehen. 1994 wurde Quedlinburg als einmaliges städtbauliches Denkmal in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen.
Gegenüber des Nordeingangs weist das barocke, im Jahr 2000 renovierte Goetzesche Mausoleum darauf hin, dass sich um die Kirche herum einst ein Friedhof befand.
„Zwischen den Städten“ gehen wir weiter und erreichen über den Steinweg den idyllisch gelegenen Neustädter Kirchhof, der von kleinen bunten Fachwerkhäusern eingerahmt wird.
Hier befindet sich die gotische Hallenkirche St. Nikolai als Pfarrkirche der um 1200 entstandenen Ackerbürgersiedlung (Neustadt).
Die 72 m hohen Türme sind der Sage nach von dem Goldschatz erbaut worden, den ein Schäfer in der Feldflur gefunden hatte. Auffällig ist der völlig überladene barocke Hochaltar - kein künstlerisches Glanzstück.
Die 72 m hohen Türme sind der Sage nach von dem Goldschatz erbaut worden, den ein Schäfer in der Feldflur gefunden hatte. Auffällig ist der völlig überladene barocke Hochaltar - kein künstlerisches Glanzstück.
Die Kirche St. Blasii ist wahrscheinlich die älteste der Stadt. Seine heutige Form erhielt das achteckige Kirchenschiff zwar durch einen vollständigen Neubau um 1715, der romanische Turm lässt aber Schlüsse zu, nach denen die Kirche schon lange vor ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1231 bestand.
Im Inneren ist die barocke Saalkirche nach dem letzten Umbau mit vergleichsweise schlichter Ausstattung versehen worden. So erstrahlt lediglich der barocke Kanzelaltar in rötlich-weiß-goldenem Farbenspiel. Heute wird die Kirche nicht mehr als Gotteshaus genutzt, sondern als Konzert- und Veranstaltungsraum genutzt.
Gernrode
Damit beenden wir unseren Quedlinburg-Rundgang. Nach einer kurzen Siesta im Hotel machen wir uns auf zum 7 km entfernt liegenden Gernrode um dort die Stiftskirche St. Cyriakus* zu besichtigen.Von Außen wirkt die Kirche mit ihren Doppeltürmen gewaltig. Im Innern der dreischiffigen Basilika fällt zunächst der Blick auf die farbenfrohe Holzkassettendecke. Doppelarkaden trennen das Mittelschiff des Langhauses von den beiden Seitenschiffen, wobei die Bögen abwechselnd von Pfeilern und Säulen getragen werden (rheinischer Stützenwechsel). Aus dem ansonsten schlicht weißen Innenraum sticht die farbenfrohe Ausmalung des Chors heraus. Die Ostkrypta ist der älteste Teil der Kirche, sie ist eine der ersten Hallenkrypten in Deutschland. Vier gedrungene Pfeiler tragen das Tonnengewölbe.
Im südlichen Seitenschiff der Stiftskirche befindet sich ein reliefgeschmücktes Heiliges Grab. Sehr schön ist auch der doppelstöckige Kreuzgang. Der kleine Abstecher nach Gernrode zur Stiftskirche lohnt sich.
Bei einem kurzen Rundgang durch Gernrode kommen wir zunächst am Rathaus vorbei. Kurz darauf erreichen wir eine auf den ersten Blick sehr skuril aussehende Hausfront, die sich auf den zweiten Blick als Riesenwetterhaus entpuppt. Die Harzer Uhrenfabrik hat mit diesem 14,5 m hohen Wetterhaus ihren Nordgiebel geschmückt und 1998 den Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde der geschafft. Ein anderer Giebel wird von einer Riesenkuckucksuhr geschmückt, die bereits 1997 eingetragen wurde.
Sonntag, 14.05.2006 Bodetal – Rosstrappe – Wernigerode - Halberstadt
Um zumindest auch einen kleinen Eindruck von Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge mitzunehmen, fahren wir heute in den Unterharz. Unser Ziel ist die Rosstrappe** bei Thale.
Vom Parkplatz ist es nur ein 10minütiger (für Kinderwagen ungegeigneter ) Weg zum Aussichtspunkt. Hier bietet sich ein schöner Blick auf die Rosstrappe, ein 403 m hoher markanter Felsvorsprung aus Granit, der sich über das Bodetal** erhebt. Im Tal windet sich die Bode durch die gebirgige, grüne Landschaft.
Vom Parkplatz ist es nur ein 10minütiger (für Kinderwagen ungegeigneter ) Weg zum Aussichtspunkt. Hier bietet sich ein schöner Blick auf die Rosstrappe, ein 403 m hoher markanter Felsvorsprung aus Granit, der sich über das Bodetal** erhebt. Im Tal windet sich die Bode durch die gebirgige, grüne Landschaft.
Wernigerode*
Unser nächstes Ziel ist die Fachwerkstadt Wernigerode*. Schon bei der Anfahrt sieht man das hoch über der Stadt gelegene Schloss.Die Breite Straße wird von vielen gut erhaltenen Fachwerkhäusern aus dem 16., 17. und 18. Jh. gesäumt .
Besonders fällt uns das Krummelsches Haus (Nr. 72) auf. Die Front des Hauses ist lückenlos mit einer geschnitzten Holzfassade bedeckt, das Fachwerk bleibt dahinter verborgen. Zu den zahlreichen Reliefs gehören u. a. "Africa" - eine Frau auf dem Nilpferd, "Der Menschen Sterblichkeit" - ein Knabe mit Sanduhr und Totenschädel, "Amerika" - eine nackte Frau auf einem Krokodil. Schön ist auch das Cafe Wien.
Als nächstes gelangen wir auf den Marktplatz, der vom Rathaus dominiert wird. Dieses gilt zurecht als einer der schönsten Fachwerkbauten Deutschlands. Das ursprünglich als Spiel- und Gerichtshaus errichtete Gebäude wird von 33 bunt bemalten geschnitzten Figuren geziert. Die Holzfiguren stellen vorwiegend Heilige, Handwerker und Narren dar. Das Portal wird von zwei Erkern mit spitz zulaufenden Türmen geschmückt.
Rechts am Rathaus vorbei gehend erreichen wir wenig später den Oberkirchhof, der ebenfalls von schönen Fachwerkhäusern umgeben ist. Hier befindet sich ein schmaler Durchgang zwischen zwei Fachwerkbauten: die Rosen-Rosmarin-Gasse, die auch Demutsgasse genannt wird.
Als nächstes erreichen wir das Schiefe Haus (Klintgasse Nr. 5). Diese Walkmühle wurde speziell für die Tuchmachergilde errichtet. Die Fluten des damals hier entlang führenden offenen Mühlgrabens umspülten die Grundmauern des Hauses, so dass sich dessen Ostfassade so lange absenkte, bis sie auf festes Felsgestein stieß. Vom Mühlengraben, der einst für die Wasserversorgung der Mühlen und der Stadt unentbehrlich war, ist heute nichts mehr zu sehen.
Halberstadt
Der Empfehlung unseres Grünen Reiseführers folgend, legen wir auf dem Rückweg einen Zwischenstopp in Halberstadt ein. Die Stadt liegt ebenfalls direkt an der Deutschen Alleenstraße.
Die im Krieg stark zerstörte Altstadt wurde wiederaufgebaut. Bei der Anfahrt fallen uns die vielen Türme aus, die aus der Stadtsilhouette ragen. Hauptziel unseres Besuchs ist der Dom St. Stephanus**.
Über den Domplatz schlendern wir zur Liebfrauenkirche. Diese hochromanische Kirche (Anf. 11. Jh.) wird von vier Türmen geschmückt.
Die geschmückten Chorschranken lassen noch erahnen, wie bunt die Kirche ursprünglich war. Maria in Mitte der Südschranke bzw. Christus in Mitte der Nordschranke werden von jeweils sechs Aposteln flankiert. Auf die gelungene plastische Gestaltung und die fließende und schwingende Stofffalten werden wir besonders hingewiesen.
Etwas Besonders ist das Triumphkreuz, das an Ketten vor dem Hohen Chor schwebt. Dahinter befand sich ursprünglich ein Lettner, von dem nur noch Reste zu erkennen sind. Die holzgeschnitzte Pieta im nördlichen Nebenchor gehört ebenfalls zu den bedeutendsten Kunstwerken der Kirche. Sehr schön ist ebenfalls der Sakristeischrank (Ende 13. Jh.) mit geschnitzten Weinranken.
Erwähnenswert ist noch die Orgel deren Pfeifenanzahl (1.142) der Höhe des Brockens entsprechen. Von der Liebfrauenkirche, die uns auch durch die interessante Führung nahe gebracht wurde, sind wir sehr begeistert. Ansonsten wirkt die Stadt auf uns wie ausgestorben.
Letzte Aktualisierung: Juni 2006 - © Anke Schlingemann und Detlef Hälker
Die Straße der Romanik verbindet 60 Orte mit 72 zur Besichtigung empfohlenen Bauwerken der ottonischen und romanischen Kunst in Sachsen-Anhalt.
Reiseführer
Wenn wir in Deutschland unterwegs sind, ist "Der grüne Reiseführer Deutschland", erschienen im Michelin Reise-Verlag, unser ständiger Begleiter. Das im Reisebericht verwendete *-System wurde hieraus übernommen.
Hinweis zum *-System:
*** ist eine Reise wert
Hinweis zum *-System:
*** ist eine Reise wert
** verdient einen Umweg
* besonders sehenswert