Wieder einmal durchkreuzt die aktuelle Corona-Lage unsere Reisepläne. Statt eines Frankreich-Urlaubes in der Provence bleiben wir zunächst in Deutschland und fahren aufgrund der Wetteraussichten in das schöne Saarland.
Auf der Fahrt nach Saarbrücken queren wir das Rheinland-Pfalz und tauchen bei einem Zwischenstopp in Neustadt an der Weinstraße in die Geschichte der deutschen Demokratie ein. Hier besichtigen wir das Hambacher Schloss.
Zumindest der Name ist uns noch ein Begriff aus dem Geschichtsunterricht. In der damaligen Schlossruine fand 1832 das Hambacher Fest statt, eines der bedeutendsten Ereignisse der deutschen Demokratiegeschichte und so etwas wie der Ursprung der europäischen Idee. Auf einer sechstägigen Protestveranstaltung wurde die nationale Einheit Deutschlands, ein „conföderiertes republikanisches Europa“ sowie Presse-, Meinungs-, Versammlungsfreiheit und die Gleichberechtigung der Frauen gefordert.
Anstoß für Freiheitsbewegungen in ganz Europa war die französische Juli-Revolution im Jahr 1830. In Hambach hisste man auch erstmals die schwarz-rot-goldene Flagge, die 1919 und später 1949 zur deutschen Nationalflagge wurde. Die Ausstellung in der wiederhergestellten Burg ist recht klein, aber auf großen Schautafeln wird einem die Geschichte gut nähergebracht.
Saarbrücken (180.000 Einwohner) ist für uns der ideale Ausgangspunkt zur Erkundung des Saarlandes. Mehrfach wurde das heutige Saarland in den letzten 200 Jahren zwischen Deutschland und Frankreich hin- und hergerissen bevor es 1957 in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert wurde. Geblieben sein soll eine französisch angehauchte Mentalität, ein spezielles „savoir vivre“, auch wenn wir das in den paar Tagen unseres Aufenthaltes nicht wirklich spüren.
Sehenswert ist die Ludwigskirche, die neben dem Hamburger Michel und der Dresdner Frauenkirche zu den drei wichtigsten barocken Kirchenbauten in Deutschland zählt.
Die ursprünglich von Karl-Friedrich Stengel 1762 erschaffene Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und wieder originalgetreu aufgebaut. Der fast quadratische Innenraum ist fast komplett in Weiß gehalten.
Auch die kleine Basilika St. Johann, in der Altstadt gelegen, hat Stengel ebenfalls in üppigem Barock, gestaltet.
Die Altstadt ist bei schönem Sommerwetter durchaus lebhaft und multikulti geprägt. Rund um den St. Johanner Markt gibt es zahlreiche Bistros, Restaurants und Bars, die zum Verweilen einladen, um das bunte Treiben zu beobachten.
Etwas abseits in der Försterstr. 17 finden wir abends auf der Suche nach einer Bar die Nautilus Bar. Je nach Geschmack gibt es hier je eine separate Rum, Whiskey oder Cocktail-Karte. Der Inhaber hat zu seinem bemerkenswert vielfältigem Angebot, viele Geschichten und exzellente Empfehlungen parat.
Eine Hauptsehenswürdigkeit des Saarlandes ist für uns die Völklinger Hütte, die seit 1994 als erstes Industriedenkmal überhaupt in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen wurde.
Völklinger Hütte |
Wo einst bis zu 16.000 Menschen Arbeit fanden, ragen heute hohe Schornsteine und sechsrostige Hochöfen gen Himmel. Die bereits 1873 gegründete und immer weiter ausgebaute Eisenhütte erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Blütezeit. Während der sehr empfehlenswerten Besichtigung der monumentalen Anlage kann man dank der anschaulichen Präsentation erahnen, welch harte Arbeitsbedingungen hier herrschten, bis die Anlage 1986 stillgelegt wurde.
Saarlouis mit seinen etwa 35.000 Einwohner widmen wir nur einen kurzen Besuch. Schon von Weitem ist das Saarpolyphon, das die Berghalde Ensdorf krönt, sichtbar. Die Aussicht vom 30 m hohen Stahlturm soll einzigartig sein, wir verzichten aber auf die Besteigung bei ziemlich stickiger Gewitterluft.
Unser kurzer Stadtrundgang durch die Festungsstadt des Sonnenkönigs führt vom Großen Markt zu den Kasematten nebst Deutschem Tor. Über die Schleusenbrücke erreichen wir den Stadtgarten und blicken auf die Festungsanlagen. Am hier gelegenen Saaraltarm gibt es ein ganz nettes Naherholungsgebiet.
In Cloef gibt es den schönsten Aussichtspunkt des Landes, den auf die Saarschleife, die an dieser Stelle eine 180Grad-Wende vollzieht. Dieser Zugang ist kostenlos.
Einen noch etwas schöneren Ausblick hat man vom 42 m hohen Aussichtsturm des sehr schön angelegten Baumwipfelpfades.
Bis zu 23 m über dem Boden verläuft der 1.250 Meter lange Baumwipfelpfad Saarschleife, bis man den Turm erreicht.
Nur wenige Kilometer entfernt liegt Mettlach und der Firmensitz des Traditionsunternehmens Villeroy & Boch. Coronabedingt ist das Museum leider nicht zugänglich. Im dazugehörigen Abteipark können wir uns immerhin den „Alten Turm“ ansehen.
Dieses älteste noch erhaltene Sakralgebäude des Saarlands (994 erbaut) hat die Form eines Oktogons. Ein Hingucker ist der „Erdgeist“ sowie die farbenfrohen Wandbilder.Villeroy & Boch konnte sich das Wahrzeichen der Expo 2000 sichern. Das Unternehmen fertigte für den Auftritt des WWF-Deutschland - World Wide Fund for Nature - das größte Keramikpuzzle der Welt mit 137.000 Teilen an. Der Künstler Stefan Szczesny gestaltete zusammen mit Villeroy & Boch zwölf imposante Wandbilder, die die Weltkarte des Lebens darstellen. Die Wandbilder umrahmen den von dem bekannten Künstler André Heller gestalteten Pavillon, der von einem Erdgeist bewacht wird. Diese 14 m hohe Efeufigur wurde ebenfalls von André Heller geschaffen.
Etwas versteckt liegt die kleine Kapelle St. Joseph in Mettlach. Der wunderschöne neugotische Sakralbau stammt aus der Zeit des frühen Historismus. Ursprünglich wurde die Kapelle 1864 in Wallerfangen errichtet. Die Familie Villeroy & Boch hat diese Kapelle aus Wallerfangen nach Mettlach transportieren lassen, wo sie 1882 mit kleinen Veränderungen wieder aufgebaut wurde.
Die neu angelegte Krypta sollte als Familiengruft dienen. Im Inneren wurde die Kapelle ergänzend mit farbenprächtigen Keramikfliesen zu einer Augenweide ausgestattet.
Ein weiteres Highlight im Saarland ist das Römische Mosaik in Perl-Nennig, das wir uns bereits vor einigen Jahren angesehen haben und es daher an dieser Stelle hier empfehlen möchten.
Drei Millionen Einzelsteinchen stellen Szenen aus der Arena dar. Es ist das größte (161qm) und besterhaltene römische Mosaik nördlich der Alpen.
Auch Frankreich ist von Saarbrücken nicht weit, so dass wir ebenfalls einen Tag in Metz verbracht. Einen Bericht zur unserem Stadtbummel gibt es hier.
Damit beenden wir unseren dreitägigen Saarland-Aufenthalt mit vielen neuen Ideen für ein Wiederkommen, z.B. um zu wandern oder zu radeln.
Sehr schön ist die Fahrt entlang der Saar, die immer wieder schöne Blicke auf die steilen Weinhänge bietet. Den Zusammenfluss von Saar und Mosel in Konz können wir auf der Fahrt nur erahnen. Inzwischen sind wir wieder in Rheinland-Pfalz angekommen.
Sehr gut gefällt uns die idyllische Kleinstadt Saarburg (6.500 Einwohner).
Die namengebende Burg thront heute über der Saar und der Stadt Saarburg. Sie gilt als eine der ältesten Höhenburgen im Südwesten Deutschlands.
Hauptattraktion des Städtchens ist der kleine Wasserfall, der als schönes Naturschauspiel zwischen Ober- und Unterstadt etwa 20 Meter über Felskaskaden in die Tiefe fällt und die Mühlräder im Talkessel antreibt. Er entstand, als im Mittelalter das Wasser des Leukbachs durch die Stadt umgeleitet wurde, um sich die Wasserkraft zunutze zu machen.
Kleine blumengeschmückte Brücken verbinden die engen auf schweren Eichenpfählen ruhenden Häuserzeilen entlang des Leukbachs. Bunte Sonnenschirme überspannen die Terrassen zahlreicher Restaurants entlang des Bachs.
Eigentlich wollten wir nur eine kurze Weinprobe beim bekannten Weingut van Volxem in Wiltingen machen und etwas Wein einkaufen. Wie der Zufall es will findet aber an diesem Wochenende die Jahrgangspräsentation statt. Der Inhaber Roman Niewodniczansk hat hier sein fast 20 Jahren ein Weingut weiter entwickelt, das bedingungslos auf Qualität setzt. Ganz neu eröffnet wurde dieses Jahr der Neubau hoch über der Saar, der mit eindrucksvollen Weingütern etwa in Napa oder in Bordeaux auf seine Weise locker mithalten kann. Im Keller des Kubus findet mit Blick auf blankgeputzte Edelstahltanks und schmuckvolle Holzfässer die Weinverkostung statt. Auch die Außenanlagen mit Blick auf die umliegenden Weinhänge laden zum Verweilen ein. So bleibt die Verkostung der wirklich tollen Tropfen nicht nur unserem Gaumen in guter Erinnerung.
Die nächsten beiden Nächte wollen wir an der Mosel verbringen. Dem dürftigen Angebot an Ferienwohnungen geschuldet, landen wir in dem kleinen Städtchen Veldenz.
Dieses scheint aufgrund zweier holländischer Hotels fest in holländischer Hand zu sein und liegt idyllisch von Weinbergen eingerahmt.
Unsere eigentlich als Stippvisite geplante Besichtigung des Schlosses Veldenz wird zu einer eineinhalb stündigen spannenden Führung. Der Hausherr höchstselbst führt uns durch die Geschichte des Schlosses.
Besonderes Highlight hierbei ist die Vorführung einer originalgetreu nachgebauten Steinschleuder, mit der durchaus schwere Steine bis zu 400m weit geschleudert werden können. Viele weitere Geschichten über Gerichtsprozesse, Folter, Hexen und vielem mehr sowie der Besuch des Rittersaals lassen uns ins Mittelalter eintauchen.
Von der Burg Landshut genießen wir den schönen Blick auf eine Moselschleife und das lebhafte Städtchen Bernkastel-Kues. Die Doppelgemeinde liegt beiderseits der Mosel. Um den frühbarocken Marktplatz gruppieren sich zahlreiche Fachwerkhäuser mit schönen Spitzgiebeln.
Viele Weinkeller der „Stadt der Reben und des Weines“ laden zur Weinprobe ein. So verkosten wir einen wunderbaren Riesling des VDP Winzers Fritz Haag, dessen Weingut in Brauneberg wir spontan anschließend einen Besuch abstatten, um unseren Weinbestand noch weiter aufzufüllen.
Letzte Station unserer Kurzreise ist die Residenzstadt Worms.
Der romanische Dom Sankt Peter wurde von 1130 bis 1181 auf dem höchsten Punkt der Wormser Innenstadt gebaut. Er gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke der Wormser Romanik und ist eng mit dem Namen des Bischof Burchards und der Blütezeit der Wormser Stadtgeschichte während des 12. und 13. Jahrhunderts verbunden.
Neben anderen großen Ereignissen fand hier 1521 der berühmte Reichstag statt, während dessen sich Martin Luther vor Kaiser Karl V. für seine Thesen verantworten musste, was schließlich den Bruch in der abendländischen Kirche zur Folge hatte. Der Dom St. Peter gehört gemeinsam mit den Domen in Mainz und Speyer zu den großartigsten Schöpfungen romanischer Kirchenbaukunst.
Martin Luther ist ein monumentales Denkmal ganz in der Nähe des Domes gewidmet.
Gerne hätten wir noch Europas ältesten Judenfriedhof besichtigt, dieser ist aber aktuell geschlossen. So fahren wir zum Abschluss an den Rhein.
Mit Blick auf den Rhein speisen wir mittelmäßig in einem Restaurant, um anschließend gestärkt die Heimreise anzutreten.